In der
Uratmosphäre unserer Erde gab es den lebenswichtigen Sauerstoff noch
nicht. Seine Bildung erfolgte zwar zuerst durch die Photodissoziation
des Wassers, als Hauptrolle für die Produktion freien Sauerstoffs
muss jedoch der Prozess der Photosynthese angesehen werde.
Anfangs waren es einfachste, später auch höhere Pflanzen, die die
Fähigkeit zur Photosynthese entwickelten und somit Sauerstoff
freisetzten. Der gegenläufige Prozess ist der Sauerstoffverbrauch
durch die Atmung der Organismen. Außerdem führen Abbauprozesse und
chemische Verwitterungen laufend zu Verlust des freien Sauerstoffs.
Bei der Atmung wird die im assimilatorisch erzeugten Material
gebundene chemische Energie mit Kohlendioxid und Wasser als
Nebenprodukt freigelegt.
Den
photosynthetisch aktiven Organismen kommt in der Natur eine doppelte
Bedeutung zu. Sie produzieren erstens energiereiche organische
Verbindungen und zweitens Sauerstoff, ohne den des Tierreich nicht
existieren könnte.
Die Löslichkeit
eines Gases im Wasser hängt neben dem Druck vor allem von der
Temperatur ab. So verringert sich mit steigender Temperatur die
Sauerstofflöslichkeit. Bei normalem Druck ergeben sich
beispielsweise folgende Werte:
- 0 Grad Celsius = 69,5mg/l;
- 10 Grad Celsius = 53,7mg/l;
- 20 Gard Celsius = 43,3mg/l;
- 30 Grad Celsius = 35,9mg/l;
Stehende
Flachgewässer mit ihren durch die geringe Wassertiefe bedingten
spezifischen Temperaturenverhältnissen unterliegen damit naturgemäß
besonders starken Schwankungen des Sauerstoffgehaltes. In Tümpeln
wirkt sich diese Situation am krassesten aus. Da mit der
Temperaturerhöhung und dem abnehmenden Sauerstoffgehalt aber
gleichzeitig infolge des steigenden Energiebedarfs der
Sauerstoffverbrauch der Tiere zunimmt, gestalten sich für die
Organismen die Lage noch ungünstiger.
Die
energieerzeugende Grundreaktion im Körper, die auf die „Verbrennung
der Nahrung“ durch Sauerstoff hinausläuft, ist letztlich die
Knallgasreaktion. Bei ihr reagieren Sauer- und Wasserstoff zu Wasser
(2 H2 + O2 = 2H2O).
Pro Mol gebildeten Wassers werden 238kJ (57kcal) Energie frei.
Allerdings verläuft diese Reaktion unter Vermittlung zahlreicher
Enzyme des Zwischenstoffwechsels in vielen Teilreaktionen. Die so
funktionierende „Atmungskette“ als stufenweise Freisetzung
der Energie ist eine einzigartige Leistung der Organismen. Ihr
komplizierter Ablauf konnte von den Biochemikern erst in den letzten
Jahrzehnten genauer erforscht werden. Treffend vergleicht man die
Atmungskette mit einer Kaskade von Wasserkraftwerken an einem
reißenden Strom. Ungezügelt würde sich diese Energie zerstörend
auswirken.
Wenn jetzt der
Frage nachgegangen wird, wie die im Wasser lebenden Organismen das
„Problem Sauerstoff“ lösen, dann offenbart sich uns die ganze
Breite der Atemmechanismen und diesbezüglichen
Verhaltensweisen. Gerade die Wassertiere bieten eine fast
unerschöpfliche Fülle von Möglichkeiten, biologische
Struktur-Funktions-Verhältnisse zu verdeutlichen.
Die kleinsten,
nämlich die einzelligen Organismen verfügen über kein den
höheren Wassertieren vergleichbares Rüstzeug zur Gewährleistung
der Atmung. Der Sauerstoff gelangt hier auf direktem Weg (Diffusion)
an die Zellen. Eine bessere Situation liegt bereits vor, wenn aktive
Bewegungen ein Ortswechsel möglich ist und sauerstoffreiche
Wasserschichten aufgesucht werden können. Auch eine selbst erzeugte
Wasserbewegung, die oft schon durch Ortsbewegungen zustande kommt, in
erster Linie aber auf spezifische Ventilationseinrichtungen (Geißel,
Zilien, besondere Extremitätenanhänge usw.) zurückgeht, sichert
eine günstigere Sauerstoffversorgung. Bewegung und Atmung sind
besonders bei den niedersten Organismen meist eng miteinander
verknüpft. Außerdem steht die Bewegung auch noch mit der
Nahrungsaufnahme in Verbindung.
Im Laufe der
Entwicklungsgeschichte erwies sich die für kleine Formen mit einer
relativ großen Oberfläche durchaus genügende Hautatmung als nicht
mehr ausreichend. Der intensivere Stoffwechsel, das durch die
Größenzunahme veränderte Verhältnis Körpermasse/Oberfläche oder
die einer Grasdiffusion durch die Körperoberfläche entgegenwirkende
Ausbildung fester Schutzeinrichtungen (Chitinpanzer, Kalkschalen
u.a.) erforderten neue Einrichtungen zur Lösung dieses Problems.
Erst die besondere Differenzierung bestimmter Körperstellen für den
Gasaustausch („Dünnwerden“, verstärkte Durchblutung usw.“)
und der Transport über zirkulierende Körperflüssigkeiten
ermöglichten den entwicklungsgeschichtlichen Fortschritt. Trotz der
Herausbildung von Atmungsorganen blieb die ursprüngliche Hautatmung
bis hinauf zu den hochentwickelten Organismen, einschließlich des
Menschen, erhalten. Am größten ist ihre Bedeutung noch bei den
Amphibien. So ersticken z.B. Frösche nach experimenteller
Ausschaltung der Lungen zunächst nicht, bei geringem O2
Bedarf (Kälte, Winterruhe) kann ausschließlich die Hautatmung
ablaufen, manchen Schwanzlurchen fehlen Kiemen und Lungen, sie
verfügen nur über eine Haut- und Mundhöhlenatmung.
Bereits bei
verschiedenen Klassen der Wirbellosen Tiere finden sich mehr
oder weniger gut ausgebildete Leitungsbahnen für
Körperflüssigkeiten, die den Gastransport im Körper
bewerkstelligen.
Als weiter
wichtige Punkte bei der Entwicklung der Atmung müssen das
Auftreten geschlossener Kreisläufe und die Veränderung von Zellen,
die sich für den O2- und CO2-Transport differenzierten, genannt
werden.
Ich möchte
bewusst auf eine Darstellung der bekannten Kiemen- und Lungenatmung
der im und am Gewässer lebenden Wirbeltiere verzichten. Werfen wir
dafür einen Blick auf den artenreichsten Stamm des Tierreichs, die
Gliederfüßer (Arthropoda). Wie bewältigen die aquatilen
Vertreter dieses Stammes, besonders die Wasserinsekten, den
Gasaustausch? Eine ganze Reihe von ihnen nimmt den im Wasser gelösten
Sauerstoff auf. Dies gilt vor allem für die durch Kiemen atmenden
Krebse (Crustacea) und eine große Zahl Insektenlarven, die über
mehr oder weniger auffällige, Tracheenkiemen“ (Pseudobrachien)
verfügen. Viele Insektenlarven decken ihren Sauerstoffbedarf in den
ersten Jugendstadien durch Hautatmung. Manche behalten diese
Atmungsform auch in späteren Stadion bei. Reine Hautatmer sind z.B.
die glasartig durchsichtigen Larven der Büschelmücke (Chaoborus).
Vom Tracheensystem sind hier nur noch zwei luftgefüllte
Tragblasenpaare übrig geblieben. Mit ihrer Hilfe schweben die Larven
waagerecht im Wasser. Durch Änderung des Luftinhaltes kann ein
Sinken oder Steigen bewirkt werden. Eine Funktion, die an die
Schwimmblase der Fische erinnert.
Tracheenkiemen
können in Form einfacher Fäden, als Büschel oder Blättchen
ausgebildete und gelegentlich sogar bei Puppen von Wasserinsekten
vorhanden sein. Es sind dünnwandige, reich mit Tracheen durchzogene
Fortsätze, in denen ein gewisser Unterdruck herrscht, sodass
Sauerstoff aus dem umgebenden Wasser leicht in sie hinein
diffundiert. Während die Tracheekiemen bei den Larven der
Köcherfliegen durch den kunstvoll gebauten Körper gestützt und
unseren Augen verborgen sind, lassen sie sich bei den Larven der
Eintagsfliegen besonders gut beobachten. Rasche Bewegungen der
Kiemenblättchen können ständig für eine Zufuhr frischen
Atemwassers sorgen. Eine wahrlich nicht alltägliche Atmungsform
weisen Libellenlarven auf. In ihrem Enddarm befinden sich
„Darmtracheenkiemen“, die das notwendige Atemwasser über den
After erhalten. Durch regelmäßige Bewegung der Enddarmmuskulatur
(mitunter auch der Hinterleibsmuskulatur) wird es zu- und abgeführt,
wobei die Atemfrequenz entsprechend dem Sauerstoffgehalt des Wassers
regulierbar ist. Bei den Larven der Großlibellen kommt zur
Verdauungs- und Atmungsfunktion des Enddarms noch eine weitere
Aufgabe hinzu. Er steht im Dienst der Fortbewegung. Das Atemwasser
wird ruckartig und kräftig ausgestoßen. Dadurch bewegt sich die
Larve nach dem Rückstoßprinzip vorwärts.
Sehr viele
Wasserbewohner hängen völlig von der Aufnahme atmosphärischer Luft
ab und müssen daher zeitweilig an die Wasseroberfläche kommen. Ihre
gesamte Körperoberfläche oder wenigstens bestimmte Bereiche sind
unbenetzbar (hydrophob), sodass beim Luftholen die Verbindung zur
Atmosphäre reibungslos funktioniert. Weit mehr als die Wasserspinne
(Argyroneta aquatica) oder Insektenlarven fallen Wasserwanzen und
-käfer auf, wenn sie an der Wasseroberfläche Luft schöpfen. Der
Gelbrand nimmt dabei eine Schräglage ein und durchstößt mit der
Hinterleibspitze das Oberflächenhäutchen. Über die beiden letzten
Stigmenpaare (Atemöffnungen) des Hinterleibs wird das Tracheensystem
durchlüftet, und der Raum zwischen Flügeldecken und Hinterleib
füllt sich mit Luft. Der so angelegte Luftvorrat wirkt in
einzigartiger Weise als „physikalische Kieme“, über die ein
Gasaustausch mit dem Wasser erfolgt. Dadurch ist der Käfer weitaus
längere Zeit unter Wasser funktionsfähig. Ein unter anderem für
die Überwinterung lebenswichtiger Aspekt. Im einzelnen wird dieser
durch Diffusion bedingte Vorgang noch am Beispiel der Wasserspinne
erläutert.
Beim Großen
Schwarzen Kolbenwasserkäfer (Hydrous piceus) stößt man auf eine
andere Atemtechnik. Die Luftaufnahme erfolgt hier mit Hilfe der dafür
spezialisierten Antennen. Sie ergeben in einer bestimmten Haltung
eine Art Halbrinne, in der die Luft über eine beiderseits des Kopfes
durch Haarsäume gebildete Rinne auf die Rücken-, vor allem aber die
Bauchseite geleitet wird. Wiederum anders atmen Wasserskorpione
(Nepa cinerea) und Stabwanzen (Ranatra linearis). Sie nehmen mit
einer oft körperlangen, vom Hinterleibsende ausgehenden Atemröhre
Luft auf. So verfahren auch die in Afrika, Indien und Amerika
verbreiteten Riesenwasserwanzen (Belostmatidae). Vom Grundprinzip her
gleichartig, aber weitaus komplizierter gebaut ist das lange Atemrohr
der Eristalis-Larven, das ihnen den Namen „Rattenschwanzlarve“
einbrachte. Dieser aus drei Teilen bestehende und wie ein Fernrohr
ausziehbare „Schnorchel“ kann je nach dem aktuellen Wasserstand
verkürzt oder bis zu seiner Maximallänge von etwa 10cm ausgefahren
werden.
Noch
ungewöhnlicher ist die Atemform der Schilfkäfer-Larven
(Donacia). Sie besitzen am Körperende zwei kräftige Analdornen. Mit
ihnen bohren sie Stengel oder Wurzeln von Wasserpflanzen an und
pumpen über die an der Basis der Dornen befindlichen Stigmen Luft
aus den luftgefüllten Bahnen der Pflanze in das Tracheensystem. Auch
die Puppen decken ihren Sauerstoffbedarf als „Luftdiebe“ aus dem
Interzellularsystem der Nährpflanze. Über zwei Löcher im Kokon
diffundiert stets Sauerstoff aus der Pflanze in ihn hinein.